Wie lange dauert ein Krieg eigentlich wirklich?


Im Visier der Gestapo

Die Geheime Staatspolizei (Gestapo) wurde am 26. April 1933 gegründet, rekrutierte sich zunächst aus der preußischen Polizei und unterstand noch dem preußischen Innenminister. Dies änderte sich am 30. November 1933, als die Gestapo eine eigene Institution wurde. Sie wurde unter tatkräftiger Mithilfe Görings ein Machtinstrument der Partei. Ab diesem Zeitpunkt wurde festgelegt, dass die Gestapo gegenüber anderen Polizeibehörden der Länder und Kreise weisungsbefugt war.

Die Gestapo als Unterdrückungsorgan des Staates

„Ich bin in bester Form und steche ihn geistig ab. Eine letzte Warnung! Darüber lasse ich auch keinen Zweifel. Der Delinquent ist am Schluß ganz klein und erklärt, seine Haft habe ihn zum Nachdenken und zur Erkenntnis gebracht. Das ist sehr gut so. Hinter einem neuen Vergehen steht nur die physische Vernichtung. Das wissen wir nun beide.“ Joseph Goebbels am 30.8.1938 über seine Begegnung mit  Ernst Wiechert

Der Begriff Gestapo ist auch heute noch ein Synonym für die Unterdrückung der Zivilbevölkerung in einem diktatorischen Herrschaftssystem. Sie steht für die gesellschaftliche Kontrolle durch einen zentral gelenkten Polizeiapparat. „Stapo sieht alles, hört und weiß alles“, stand im August 1933 über einem Artikel in der Nordischen Rundschau. Überschriften dieser Art wurden von Reinhard Heydrich gezielt gestreut um die Bevölkerung einzuschüchtern. Die Gestapo als Institution war nie ein riesiger Apparat. Vielmehr lebte die Informationssammlung von einem System von Spitzeln und Denunzianten innerhalb der Bevölkerung.

Richard Göbel wurde am 19. Januar 1939 wegen Vergehen gegen §2 des Gesetzes gegen heimtückische Angriffe auf Staat und Partei vom Sondergericht in Düsseldorf zu einer Gefängnisstrafe von drei Monaten verurteilt. Zu den Gründen hieß es:“Der Angeklagte, Student der Theologie, war in den Semesterferien 1937 für drei Monate und 1938 für 4 Wochen als Werkstudent in der Betriebswerkstatt der Zeche Sterkrade tätig. Während seiner Tätigkeit wurde er von seinen Arbeitskameraden mehrfach in politische Gespräche hineingezogen. Eines Tages, ob dies 1937 oder 1938 war, ließ sich nicht mehr einwandfrei feststellen – kam der Zeuge [Josef] Görtz zu ihm an seinen Arbeitsplatz und fragte ihn im Laufe der sich entspinnenden Unterhaltung, ob er, der Angeklagte, einen Gegensatz sehe zwischen Nationalsozialismus und Christentum. Der Angeklagte erwiderte, einen Gegensatz sehe er nicht, doch halte er den Plan einer Nationalkirche, wie er wohl dem Buch von Rosenberg „Mythos (sic!) des 20. Jahrhunderts“ zu Grunde liege für phantastisch. Er halte es für Unrecht, wenn es richtig sei, daß Geistliche ihres Glaubens wegen ins Konzentrationslager gekommen seien.“

Richard Göbel bewegte sich mit seinen öffentlich geäußerten Meinungen auf einem höchst gefährlichen Pfad. Der nationalsozialistische Staat und seine Repräsentanten kannten im Grunde kein Pardon mit Andersdenkenden. Richard kam einzig zugute, dass man an einer Auseinandersetzung mit den christlichen Kirchen (noch) kein Interesse hatte. 1938/39 waren mit der Reichspogromnacht vom 9. November zunächst die jüdischen Mitbürger ins verschärfte Visier der Machthaber gekommen.

Richard Göbel im Jahr 1940

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Von nun an begann sich die Gestapo für ihn zu interessieren. Als „Glücksfall“ hat sich für mich erwiesen, dass die Gestapo Düsseldorf es 1945 beim Vorrücken der Amerikaner nicht mehr geschafft hat den Aktenbestand zu vernichten. Im Landesarchiv von Nordrhein-Westfalen liegt deshalb noch Richards Gestapo-Akte als eine von 70.000 erhaltenen Akten. Die Akte ist mit ca. 50 Seiten relativ umfangreich. Am 28. Januar 1939 erfolgte die Meldung der Gestapo Oberhausen an die Leitstelle in Düsseldorf eine Meldung über Richards Verurteilung. Am 27. Februar 1939 schließlich legte die Gestapo über Richard eine Personenakte an. Am 14. April 1939 meldete die Gestapo Oberhausen, dass Richard in Marburg sei, eine genaue Adresse aber nicht bekannt sei.

Ausschnitt Gestapo Unterlagen

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Die Gestapo Düsseldorf unterrichtete am 28. April 1939 das Gestapa in Berlin ( und zur Kenntnis die Gestapo Kassel) über Richards Verurteilung wegen Verstoß gegen das Heimtückegesetz  und erstattete Meldung über seinen Umzug nach Marburg „Ich [wer] halte aber die weitere Ausbildung eines Studenten, der sich schon jetzt in so eindeutiger Weise gegen den Führer und damit gegen den nationalsozialistischen Staat ausspricht, zum Theologiestudium und damit zur Laufbahn eines evangelischen Geistlichen für bedenklich und untragbar. Ich bitte daher, bei der hierfür höheren Kirchenbehörde den gänzlichen Ausschluß des Studenten Richard Göbel von der weiteren theologischen Ausbildung anzuregen. Die Staatspolizeistelle Kassel hat (…) erhalten“.



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