Wie lange dauert ein Krieg eigentlich wirklich?


Der GHH Konzern

Die Gutehoffnungshütte war in Oberhausen nicht nur wirtschaftlich von herausragender Bedeutung, sie übernahm auch soziale Aufgaben. Am bekanntesten sind die stadtnahen Werkssiedlungen für Arbeiter und Beamte der GHH. Überregionale Bekanntheit erlangte die Siedlung Eisenheim.

Die Gutehoffnungshütte war die bestimmende Wirtschaftsmacht in Oberhausen

„Wir kommen in Deutschland nur weiter, wenn die Parteien bei der Regierungsbildung in Zukunft ausgeschaltet werden. Das vorzunehmende Reformwerk ist so ungeheuerlich groß, daß man vorläufig nicht daran denken kann, die Parteien im Reich und in Preußen irgendwie wieder an die Regierung heranzulassen.“

(Paul Reusch 1932)

Die Wurzeln des späteren Gutehoffnungshütte-Konzerns (GHH-Konzern) liegen in der 1758 gegründeten St.-Antony-Hütte in Oberhausen-Osterfeld, deren Einrichtung zugleich die Geburt des Ruhrgebiets als Eisenverarbeitungszentrum markierte. Von 1810 an trug die Firma den Namen „Jacobi, Haniel & Huyssen“ (JHH), die 1862 in das Handelsregister in Duisburg eingetragen wurde.

Nach dem Tod ihres letzten Mitgründers Huyssen, wurde die JHH im Jahre 1873 auf Betreiben von Hugo Haniel in eine Kapitalgesellschaft mit Namen Actienverein für Bergbau und Hüttenbetrieb, Gutehoffnungshütte (GHH) umgewandelt. Die Geschichte der GHH in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ist eng mit dem Namen des schwäbischen Bergbautechnikers Paul Reusch verknüpft, der 1909  als angestellter Manager die Leitung der GHH übernahm. Er baute den ohnehin schon starken, verarbeitenden Bereich systematisch durch Übernahmen weiter aus. Reusch amtierte bis 1942, als er auf Druck der Nationalsozialisten, den Vorstandsvorsitz räumen mußte.

Man sollte ob dieser Tatsache allerdings keine falschen Schlüsse ziehen. Paul Reusch gehörte schon vor 1933 zu den wichtigsten Industriellen des damaligen Deutschen Reiches. Er war für eine autoritäre Wirtschaftspolitik und hatte für Mitbestimmungsrechte und Streiks wenig übrig. Politisch stand er mit seinen Ansichten am rechten Rand des Parteienspektrums und unterstützte die DVP. Der Weimarer Demokratie stand er skeptisch gegenüber. Auch wenn er kein direkter Unterstützer Adolf Hitlers war, tat er trotz seines großen Einflusses wenig, die Demokratie zu retten.

Ziemlich zeitgleich mit Paul Reusch kam auch Richards Vater Heinrich zur GHH nach Oberhausen-Sterkrade als kaufmännischer Angestellter in die Hauptverwaltung. Mit Kriegsausbruch 1914 mußte er seine aussichtsreiche Stellung bei der GHH aufgeben und kam an die Ostfront (Ostpreußen, Karpaten, Galizien, Baltikum). Erst Anfang 1919 kehrte er von der Reichswehr zurück, zuletzt als Angehöriger der Heeresverwaltung Ost. Körperlich kränklich und vermutlich schwermütig als Kriegsfolgen. Seine ehemalige Stelle konnte er zunächst nicht wieder antreten, erst Mitte der 20iger Jahre war eine Rückkehr in die GHH Verwaltung möglich.

Die GHH war auch während der Weimarer Republik die alles bestimmende Wirtschaftsmacht in Oberhausen und Umland. Gemeinsam mit der Concordia AG beschäftigte sie 85% der Oberhausener Fabrikarbeiter. Der GHH war die Umorientierung in die Friedenswirtschaft deutlich besser gelungen als anderen Ruhrkonzernen.  Die konjunkturelle Entwicklung der Schwerindustrie bestimmte die Lage der gesamten Oberhausener Wirtschaft, andere in Krisenzeiten stabilisierende Wirtschaftszweige gab es nicht. Das stürmische Bevölkerungswachstum Oberhausens, das die Stadt bis 1914 geprägt hatte, war indes vorüber. Von 1915 bis 1929 wuchs Oberhausen nur noch um 7% auf 110.000 Menschen.

Heinrich Göbel 1935 zum 25. Dienstjubiläum

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In der Frage der kommunalen Neuordnung von 1929 hatte der Oberhausener Oberbürgermeister Havenstein in GHH-Generaldirektor Paul Reusch einen starken Verbündeten aus der Industrie, der die drei Städte Oberhausen, Sterkrade und Osterfeld mit aller Entschiedenheit wirtschaftlich und strukturell in eine Einheit zu überführen wollte. In erbittertem Gegensatz dazu stand die Meinung des Osterfelder Oberbürgermeisters Kellinghaus, der bereits im Februar 1928 an Paul Reusch geschrieben hatte: „(…) Viel Unruhe, Ärger und Verbitterung teilweise eine geradezu verbissene Wut hat Platz gegriffen. Niemand will seine Heimatstadt einem Oberhausen aufgepfropft sehen, das in dieser Weise den Norden brüskiert und damit schon vor dem gemeindlichen Zusammenschluss die späteren Mitbürger als Menschen zweiten Ranges behandelt. Immer mehr prägt sich die Überzeugung ein, dass mit dem von Oberhausenvertretenen reinen Machtstandpunkte diese Eingemeindung nicht zu machen ist. Die Abwehr ist lückenlos, es wird einen Kampf geben aufs Messer und jede andere Kombination im Norden willkommen, wenn sie nur gegen Oberhausen geht.“[1] Doch Sterkrade und Osterfeld standen auf verlorem Posten, am 1. August 1929 wurden die Städte Oberhausen, Osterfeld und Sterkrade endgültig zu Groß-Oberhausen zusammengefasst.

Zeche Osterfeld der GHH

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Nachdem die GHH während der Weltwirtschaftskrise 1929–32 ihre Belegschaft zeitweilig halbieren musste, sorgte der von den Nationalsozialisten initierte Bedarf an Infrastruktur (Autobahnbrückenbau) und ab Mitte der 30iger Jahre  mit der Aufrüstung der Wehrmacht (Schiffsdiesel für die Kriegs- und Handelsmarine) für einen deutlichen Aufschwung. Während des Zweiten Weltkriegs beschäftigte die GHH zeitweise bis zu 31.000 Zwangsarbeiter, davon rund 11.000 bei der GHH Oberhausen und rund 8.500 bei der zum Konzern zugehörigen M.A.N.


[1] Magnus Dellwig, Peter Langer; Oberhausen eine Stadtgeschichte im Ruhrgebiet; Band 3; Seiten 104 und 105


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