Wie lange dauert ein Krieg eigentlich wirklich?


Bei der Luftwaffe im Luftgau XI - Grundausbildung

Auf dem Foto im Header ist mein Großvater als vierter Soldat von links erkennbar beim "Gewehr über!" in der Grundausbildung. Richard Göbel kam nach kurzer Einsatzsatz bei einer Luftwaffenbaukompanie zur Flak nach Hannover.

Einzug zur Luftwaffe und Einsatz in Hannover

„Dad is flown cross die ocean!

Leaving just a memory,

a snapshot in the Family Album

Dad what did you leave behind for me?“

(Roger Waters – Another Brick in the Wall)

Im Februar 1940 war der Gestapo aufgefallen, dass Richard Göbel in Berlin „Studien“ betrieb. Er erhielt die schriftliche Aufforderung sich wieder nach Oberhausen zurückzumelden. Aus den erhaltenen Gestapo Akten geht hervor, dass er am 8. März 1940  jedoch nicht mehr aus Berlin in seine Heimatstadt zurückkehrte, sondern seiner parallelen Einberufung zum Wehrdienst Folge geleistet hatte. Dem Wehrstammbuch meines Großvaters ist zu entnehmen, dass er am 7. März 1940 beim Einstellungsstab in Stralsund-Andershof (Mecklenburg-Vorpommern) vorstellig war. Als Beruf gab er Student an, seine Größe wurde mit 171 cm gemessen, Gewicht 64 kg. Sehstärke –4,0 und –4,5. Er wurde tauglich 2 geführt. 10 Tage nach seiner Einberufung wurde er zur Luftwaffenbaukompanie 59/XI, (Luftwaffenbauregiment 5/Luftgau XI) in Kohlenbissen (Munster/Lüneburger Heide)  versetzt. Für diese Einheit wurde auch seine Erkennungsmarke ausgestellt: -306- Lw. Bau Kp. 59/XI.

Bereits Anfang Juni 1940 erfolgte Richards Versetzung zur Flak Ersatz Abteilung 6. Nach meinen Nachforschungen wurden aus der Flak Ersatz Abteilung 6 im Laufe der Jahre 1939 und 1940 zunächst mehrere Batterien der schweren Reserve Flakabteilung 605 geformt. Aus der ersten Batterie (1./Res. 605) wurde schließlich die 3./111 geformt, Richards neue Einheit, mit der er auch später noch auf Sylt und in Bremen war. Die 3./111 war eine gemischte Flakbatterie, die Feldpostnummer lautete L03787 (Luftgaupostamt Hamburg). Zunächst war die 3./111 in Hannover stationiert.

Mit dem Einmarsch in Frankreich, der Besetzung von Paris und der Kapitulation Frankreichs im Juni 1940 erlangte Hitler den Höhepunkt seiner Popularität. Eine Landung in England schien nur noch eine Frage der Zeit. Der deutsche Generalstab mußte vor einer Kanalüberquerung aber zunächst die eigene Schlagkraft der Verteidigung testen. Für Richards Truppenteil, die Flakartillerie, gab es damit keine Ruhepause nach dem erfolgreichen Westfeldzug der Wehrmacht. Deutsche Flakabteilungen bezogen neue Luftabwehrstellungen zum Schutz der für den geplanten Einsatz gegen England vorgesehenen Luftwaffenverbänden in Küstennähe.  Auch die für die ursprünglich geplante Invasion Englands bestimmte Bodenverbände mußten geschützt werden.

Flak-Kaserne Hannover Bothfeld

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Am Samstag, 6. Juli 1940 schrieb Richard nach Hause

Lieber Vater, liebe Mutter, lieber Heinz!

 Könnt Ihr Euch vorstellen, wie schön es ist, nach Dienst- und Wochenschluß Post zu empfangen? Wenn ja, dann wisst Ihr, wie dankbar ich Euch, bzw. Dir liebe Mutter, für die lieben Grüße aus der Heimat bin. Beide Sendungen vom 3. Juli kamen erst heute an. Für das Briefpapier herzlichen Dank. Nun bin ich erst wieder gut versorgt mit Schreibmaterialien. Herta schickte mir auch gestern einen Schreibblock.

 Über die Berichte aus Oberhausen kann man ja recht erschrocken sein, so wie dort hat hier der Tommy allerdings noch nicht gehaust, daß er die Bomben sozusagen über den Häusern der Zivilbevölkerung sät. Ich habe noch keine Stunde im Luftschutzkeller zugebracht. Ich kann mir aber vorstellen, dass es aufreibend sein muß, untätig dazusitzen und die Zeichen der Sirenen abzuwarten in der ständigen ungewissen Lage, obs nicht bald über dem Kopfe kracht und eine Bombe ins Haus stürzt. Ich glaube, dass da die Tätigkeit an der Flak im freien Feld im Scheine der Scheinwerfer und inmitten des Krachens der Geschosse noch angenehmer und ehrenvoller ist. Seit drei Wochen haben wir Nacht für Nacht und Tag für Tag Fliegeralarm gehabt, mit zwei oder drei Ausnahmen. Die Ankunfts- und Abflugszeit ist dieselbe wie bei Euch. Da können wir immer aneinander denken. In der nächsten Woche ist meine Tätigkeit hier in Hannover-Kl.[eefeld] zu Ende. Am Ende machen wir dann unser sog. Flakabitur um danach als volle Soldaten zu gelten. Am Anfang der Woche könnt Ihr mir noch schreiben, aber dann wartet bitte solange, bis Ihr meine neue Adresse wisst. Gerne möchte ich ja näheres über Heinzens sprechen. Auch etwas darüber, wo er arbeitet und worin seine Beschäftigung besteht. Was gedenkst Du, lieber Heinz, nach Beendigung dieser Arbeit zu tun, wie lange willst Du sie überhaupt weiterführen?

Es grüßt Euch in Treue und Dankbarkeit Euer Sohn und Bruder Richard.

Geschütz "A" Adolf Juni 1940

flak-hannover-3

Im Juli 1940 verließ Richard mit seiner Flakbatterie 3./111 Hannover in Richtung der Insel Sylt



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